Infobrief Menschen mit Behinderung 01 / 2020

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01 / 2020
15.01.2020

Infobrief Menschen mit Behinderung

Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie und Frühförderung

Inhalt

»FAQs WBVG-Verträge

LIEBE PARITÄTERINNEN UND PARITÄTER,

mit den Infobriefen des Bereichs 3 - "Menschen mit Behinderung" des PARITÄTISCHEN Landesverband Baden-Württemberg erhalten Sie gezielte Fachinformationen, die für die Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Sozialpsychiatrie relevant sind.

Alle Fachinformationen und wichtige Dokumente können Sie auch über unsere Website abrufen: Themen Bereich Menschen mit Behinderung


Bei inhaltlichen Fragen zu den Infobriefen wenden Sie sich bitte an:

Cornelia Meyer-Lentl, Tel.: 0711-2155228, E-Mail: meyer-lentl@paritaet-bw.de

oder Sven Reutner, Tel.: 0711 - 2155128, E-Mail: reutner@paritaet-bw.de


Übrigens: Alle bereits versendeten Infobriefe sind archiviert und hier abrufbar:

https://newsletter.paritaet-bw.de/infobriefe

FAQs WBVG-Verträge 

Auf unserer Homepage www.paritaet-bw.de ist im internen Bereich eine FAQ-Liste für die Fragen rund um den Bereich 3 - Menschen mit Behinderung angelegt, den wir sukzessive bestücken werden.

Für den Zugriff dazu müssten Sie sich mit Ihren Mitgliedernummer anmelden.

Abwesenheitsregelung § 6 Abs. 5 des WBVG-Mustervertrages

Abwesenheitsregelung § 6 Abs. 5 des WBVG-Mustervertrages

Die Abwesenheitsregelung im WBVG-Vertrag (§ 6 Abs.5) basiert auf § 7 Abs. 5 WBVG.

 § 7 Abs. 5 lautet:

Soweit der Verbraucher länger als drei Tage abwesend ist, muss sich der Unternehmer den Wert der dadurch ersparten Aufwendungen auf seinen Entgeltanspruch anrechnen lassen. Im Vertrag kann eine Pauschalierung des Anrechnungsbetrags vereinbart werden. In Verträgen mit Verbrauchern, die Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nehmen, ergibt sich die Höhe des Anrechnungsbetrags aus den in § 87a Absatz 1 Satz 7 des Elften Buches Sozialgesetzbuch genannten Vereinbarungen.

 

Und in § 16 WBVG ist geregelt: „Von den Vorschriften dieses Gesetzes zum Nachteil des Verbrauchers abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.“

 

Das heißt im Einzelnen:

 

  •          Regelungen im Vertrag, nach denen im Falle der Abwesenheit keine Erstattung der ersparten Aufwendungen erfolgt sind unwirksam.

 

  •          Wird die Regelung einfach weggelassen, gilt das Gesetz, d.h. der Erstattungsanspruch besteht in gleicher Weise. Allerdings muss der Verbraucher die Erstattung gegenüber der Einrichtung geltend machen und die ersparten Aufwendungen im Falle des Bestreitens nachweisen

 

  •          Zulässig ist die Vereinbarung von Pauschalen im Vertrag. Die Pauschalen müssen angemessen sein. Pauschalen bieten sich bspw. bei Sondennahrung an. Zudem muss es dem Verbraucher freistehen, höhere als die pauschalierten Einsparungen nachzuweisen (Iffland, Düncher, WBVG-Kommentar 2010, § 7 Rz. 9, Seite 102).

 

  •  

 

Nicht mit Regelungen im Rahmenvertrag konform, da dieser in § 18 bereits pauschale Abschläge für vorübergehende Abwesenheitszeiten vorsieht.

 

Eine mögliche Regelung im Mustervertrag könnte lauten:

 

„Für die Zahlungspflicht bei Abwesenheit gelten die Regelungen der Übergangsvereinbarung zur Umsetzung des BTHG in BW. Nach § 9 Abs. 4 der Übergangsvereinbarung gilt § 18 des Rahmenvertrages nach § 79 Abs. 1 SGB XII vom 15.12.1998 in der Fassung vom 06.11.2018 weiter. Das vereinbarte Entgelt für die Fachleistungen enthält danach bereits Abschläge für vorübergehende Abwesenheit und ist deshalb für Zeiten der Abwesenheit in gleicher Höhe weiter zu zahlen.“

 

Wichtig: Bei der Verwendung dieser Regelung muss man sich bewusst sein, dass man damit gegen § 7 Abs. 5 WBVG verstößt.

 

Fazit:

Wird im WBVG-Vertrag eine Regelung aufgenommen, die den individuellen Erstattungsanspruch des Bewohners aufgrund seiner Abwesenheit außer Kraft setzt, ist eine solche Regelung wohl unwirksam gemäß §§ 7 Abs. 5, 16 WBVG. Die Einrichtungen müssten also darauf vertrauen, dass die Klienten die Regelung nicht gerichtlich überprüfen lassen bzw. ggf. die gerichtliche Entscheidung zu ihren Gunsten ausgeht. Da der Rahmenvertrag bzw. die Übergangsvereinbarung nicht das WBVG modifizieren bzw. außer Kraft setzen können. Die Verwendung der obigen Klausel birgt damit ein erhebliches rechtliches Rest- bzw. Prozessrisiko.

 

 

Ist ab dem 01.01.2020 ein neuer WBVG-Vertrag erforderlich?

Sie benötigen ab dem 01.01.2020 eine vertragliche Vereinbarung, die dem neuen Recht entspricht. Erforderlich ist die Trennung von Fachleistung Eingliederungshilfe (Teil 2 SGB IX-neu) und existenzsichernde Leistungen (§§ 42 f. SGB XII-neu). Die bisherige Komplexleistung in stationären Einrichtungen gliedert sich zukünftig für die Leistungsberechtigten in besonderen Wohnformen insbesondere in

  • Leistungen der Eingliederungshilfe
  • Leistungen für Wohnraum
  • Leistungen zum Lebensunterhalt.

Änderungsbedarf für die bestehenden WBVG-Verträge ergibt sich aus:

 

§ 15 Absatz 3 WBVG-neu:

„In Verträgen mit Verbrauchern, die Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches  Sozialgesetzbuch in Anspruch nehmen, müssen die Vereinbarungen den aufgrund  des Teils 2 Kapitel 8 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch getroffenen  Regelungen entsprechen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.“

 

§ 15 Absatz 1 Satz 2 WBVG:

„…Vereinbarungen, die diesen Regelungen nicht entsprechen, sind unwirksam.“

 

Teil 2 Kapitel 8 enthält mit den §§ 123 ff. SGB IX das Vertragsrecht EGH-Träger /Leistungserbringer. Davon abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

 

Ein Anhang zum bestehenden Vertrag entspricht nicht den Vorgaben des neuen Rechts ab 2020. Sie haben dann ab dem 1.1.2020 keinen wirksamen Vertrag.

 
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Müssen die Anlagen 1-3 zum WBVG-Vertrag zwingend mitgeben oder können wir auch darauf hinweisen, dass diese in der Verwaltung einsehbar sind und auf Wunsch mit ausgehändigt werden?!

Anlage Nr. 1: Übergangsvereinbarung zur Umsetzung des BTHG vom 18. April 2019

Anlage Nr. 2: Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII vom 15. Dezember 1998 geändert am 01.01.2005, 20.09.2006 in der aktualisierten Fassung vom 22. November 2012 zu den Leistungs-, Vergütungs-und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII für Baden-Württemberg für stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Dienste

Anlage Nr.3: Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach §§ 125 ff. SGB IX

ACHTUNG: Anlage 1, 2 und 3 sind in der Verwaltung einsehbar und werden auf Wunsch mit ausgehändigt.

Hinweis:

Auf Seite drei des Mustervertrages steht bereits: „Die genannten Verträge und weiteren Grundlagen können vom Klienten eingesehen werden“, diese Formulierung bezieht sich auf den Rahmenvertrag, die Übergangsvereinbarung und die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung; Die Ergänzung (oben) passt. Der wesentliche Vertragsinhalt muss aber stets in der Vertragsurkunde enthalten sein (§ 6 WBVG), ggf. können Auszüge aus den Vertragsgrundlagen hinzugefügt werden, wenn der Vertragsgegenstand sonst zu unbestimmt ist.

 
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