Infobrief Referat Jugend 02 / 2017

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02 / 2017
03.05.2017

Infobrief Referat Jugend

Inhalt

»Fachkongress

LIebe Mitglieder der Interessensgemeinschaft UMF,

vom 28. bis 30. März 2017 fand in Düsseldorf der 16. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag unter dem Motto "22 Mio. junge Chancen - gemeinsam, gesellschaft.gerecht.gestalten" statt. Neben der Fachmesse, bei der auch einige unserer Mitglieder sowie der Paritätische Gesamtverband mit einem Messestand vertreten waren, gab es auf dem Fachkonkress eine Vielzahl von Fachforen, Workshops, Vorträgen und Projekpräsentationen.

Im aktuellen Infobrief möchte ich Sie über den Inhalt einer dieser Fachveranstaltungen, nämlich "UMF in der Jugendhilfe: Wirkungen und deren Hintergründe", informieren.

Die Erkenntnisse mögen an der ein oder anderen Stelle nicht überraschen, aber in der Arbeit und in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Jugendhilfe bestärken.

Herzliche Grüße

Barbara Meier

Fachkongress 

UMF in der Jugendhilfe: Wirkungen und deren Hintergründe

Der Bundesverband katholischer Einrichtungen und Dienste e.V. (BVkE) führt gemeinsam mit dem Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) ein aus Mitteln der GlücksSpirale gefördertes Projekt zur Evaluation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge durch. Das Projekt hat eine Laufzeit von Mai 2014 bis Mai 2017. Die Evaluation hat drei Themenschwerpunkte. Sie geht auf die Ausgangslagen von UMF ein, auf die Effekte der Arbeit sowie auf spezifische Wirkungsfaktoren. Um dies erfassen zu können, finden zu verschiedenen Zeitpunkten des Hilfeverlaufs Rückmeldungen durch die Einrichtung statt. Ergänzend wurden Interviews mit den unbegleiteten Minderjährigen geführt.

Die ersten Ergebnisse dieser Erhebung wurden beim Kinder- und Jugendhilfetag vorgestellt. Da noch Rückmeldungen von den Einrichtungen bis Mai 2017 erfolgen, handelt es sich um einen Zwischenbericht, der jedoch die ein oder andere interessante Erkenntnis oder auch Bestätigung der Erfahrungen in der Praxis aufweist.

Hier nun ein paar wesentliche Ergebnisse der Evaluation:

 

Infos zu den erfassten UMFs:

  • 80,8% der Befragten UMFs weisen belastende Erlebnisse auf (davon an erster Stelle mit 41% Bürgerkrieg, mit jeweils um die 30% Gewalt in der Familie und Armut)
  • Der Schwerpunkt (also 75% aller UMF) war zu Beginn der Befragung 16 bzw. 17 Jahre alt.

 

Wirkungsfaktoren und Effekte:

  • Positiv auf den Hilfeverlauf und die Entwicklungen des UMF wirkt sich eine differenzierte Diagnostik des therapeutischen Hilfebedarfs und der Klärung des Entwicklungsstandes aus (Clearing). Ist dies der Fall, zeigen sich positive Entwicklungen in den Ressourcen des Jugendlichen (Ressourcenindex: 4,9). Fehlt ein fachliches Clearing, findet sich ein Defizitindex von -6,9.
  • Ein größerer Erfolg der Hilfe ist zu beobachten, wenn diese länger andauert (bis zu 30 Monate). Unter 6 Monaten ist nach der Studie sogar eher von einer negativen Entwicklung auszugehen.
  • Entscheidend für den Erfolg der Hilfe ist die Kooperation des jungen Menschen, das heißt sich auf das (Beziehungs-) Angebot in der Einrichtung einzulassen und die vorhandenen Regeln zu akzeptieren und umzusetzen. Vor allem spielt hier die Beziehung zum bzw. zur Bezugsbetreuer*in eine große Rolle. Diese werden oft nicht als Fachkraft gesehen, sondern eher persönlich-emotional, dies aber auch nur unter der Voraussetzung, dass das Hilfsangebot subjektiv hilfreich empfunden wird.
  • Beeinflusst wird die Wirkung vor allem vom Aufenthaltsstatus. Der hier ermittelte Effektindex zeigt dies deutlich: Duldung: (-0,6), Gestattung (5,1), Erlaubnis (11,3)
  • Einen Einfluss auf den Erfolg der Hilfe hat auch die Rechtsgrundlage. Dies ist sicherlich auch in Verbindung mit der Dauer der Hilfe zu sehen. Bei Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 SGB VIII ergibt sich ein Effektindex von 4,8, bei Hilfen nach § 41 ein Effektindex von 10,9. Dies bedeutet, dass in der Regel für eine gute Integration und Verselbständigung eine Hilfe für junge Volljährige notwendig ist.
  • Erstaunlich ist die die Aussage der Studie, dass das Betreuungssetting in der Unterscheidung gemischte Gruppe oder reine UMF-Gruppe eine wesentliche Rolle für den Erfolg im Erfassungszeitraum gespielt hat. Der Effektindex wurde bei einer gemischten Gruppe mit -0,4 ermittelt, bei reinen UMF-Gruppen lag dieser hingegen bei 6,8! Worin die Ursachen hierfür liegen, ist leider nicht erfasst.
  • Positive Effekte konnten am Hilfeende u.a. in folgenden Bereichen festgestellt werden: soziale Integration, Selbstkonzept, Selbstsicherheit, sozial-kommunikative Fähigkeiten, Autonomie und Selbständigkeit. Negative Entwicklungen waren hingegen in der Funktion in der Gruppe und bei Interessen/Freizeitbeschäftigungen zu beobachten. Hier wird in der Arbeit mit den UMF noch ein verstärkter Fokus gesetzt werden müssen.
  • Ein eindrückliches Ergebnis, welches ich Ihnen nicht vorenthalten will, ist der Effektindex bei UMF im Vergleich zu deutschen Jugendlichen in der Jugendhilfe. Dieser ist bei UMF mit 5,5 angegeben, bei den anderen Jugendlichen mit 4,5. Somit sind die Effekte bei UMF durch die Inanspruchnahme von Jugendhilfeleistungen höher anzusiedeln.

Erstaunlich sind teilweise die Kriterien, die keinen Einfluss nach der Studie auf den Erfolg der Hilfe haben. Diese sind: Alter bei Hilfebeginn, Geschlecht, Herkunft, Schulbesuch in der Heimat (auch für Analphabeten zutreffend) und Fluchtdauer.

 

Fazit:

  • UMF ist eine hochbelastete Klientel
  • Ein differenziertes Clearing führt zur passgenaueren Hilfen und besseren Effekten
  • Zentrale Wirkungsfaktoren sind insbesondere längere Hilfedauer und die Kooperation des jungen Menschen selbst. Diese Wirkungsfaktoren werden maßgeblich vom Aufenthaltsstatus beeinflusst.