Infobrief Menschen mit Behinderung 13 / 18

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23.07.18

Infobrief Menschen mit Behinderung

Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie, Kreisverbandsvorsitzende, Regionalgeschäftsführer, intern

Inhalt

»Fachgespräch leistungsberechtigter Personenkreis beim BMAS »Zwischenbericht an das BMAS zum Forschungsprojekt § 99

BTHG Grafik

Liebe Paritäterinnen und Paritäter,

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Rechtliche Wirkungen von Art. 25a § 99 BTHG auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe“ hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Vertreter/innen der Verbände von Menschen mit Behinderungen, von Leistungsträgern und von Leistungserbringern zu Fachgesprächen eingeladen, um die Forschung zu begleiten und die Erkenntnisse zu diskutieren.

Diesen Bericht und die Inhalte des vorangegangenen Fachgesprächs finden Sie in diesem Infobrief.

 

Fachgespräch leistungsberechtigter Personenkreis beim BMAS 

Wesentliche Inhalte des 2. Fachgesprächs vom Juli 2018

Einige Teilnehmer/-innen des Fachgespäch haben laut Protokoll (s. 5) aufgrund der ersten Ergebnisse der Forschung ihre Besorgnis geäußert, dass es zukünftig zu einem Ausschluss hilfebedürftiger Personen kommen könnte. Insbesondere da die Eingliederungshilfe das letzte Netz der sozialen Sicherung ist, sei dieses Ergebnis nicht hinzunehmen. Herr Nellen (BMAS) betonte, dass das erklärte Ziel des Forschungsprojektes sei, die unbestimmten Rechtsbegriffe in der gesetzlichen Definition des § 99 SGB IX so zu präzisieren, dass der bisherige leistungsberechtigte Personenkreis in der Eingliederungshilfe unverändert bleibt. Es sei der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, keine heute leistungsberechtigten Personen künftig aus dem Leistungszugang auszuschließen. Gleichwohl betont Herr Nellen die Notwendigkeit, auch den Sozialraum und dessen Auswirkungen auf den Leistungszugang bei dieser Untersuchung hinreichend zu würdigen.

Im weiteren Projektverlauf sollen die vertiefenden Interviews abgeschlossen werden, dies wird voraussichtlich bis Mitte Juli 2018 andauern. Im Anschluss soll die statistische Datenanalyse durchgeführt werden. Auf der Basis der abgeschlossenen empirischen Analysen und der Ergebnisse der Rechtsworkshops wird das Projektteam einen Vorschlag zur qualitativen Konkretisierung des Begriffs der „Erheblichkeit“ entwickeln. Die Forschungsergebnisse sollen dem Auftraggeber Ende Juli 2018 in Form eines Abschlussberichts vorgelegt werden. Der Bericht soll dem Bundestag am 30.08.2018 vorgelegt werden. Im September  2018 könnte dann laut BMAS ein drittes Fachgespräch stattfinden, um eine Diskussion zu den Ergebnissen des Abschlussberichts zu ermöglichen.  

Herr Nellen soll in der Beratung betont haben, dass das BMAS kein Interesse an einem "Schnellschuss" habe. Mit Rückblick auf die BTHG-Proteste 2016 sei es ein großes Anliegen des BMAS, dass das Verfahren „geräuschlos“ ablaufe und Raum für inhaltliche und methodische Diskussionen vorgesehen sei.

» Hier geht es zu den Dokumenten der Forschung zu § 99 "Leistungsberechtigter Personenkreis"

Zwischenbericht an das BMAS zum Forschungsprojekt § 99 

Zwischenbericht Forschungsprojekt § 99

Der Zwischenbericht zum Forschungsprojekt  „Rechtliche Wirkungen von Art. 25a § 99 BTHG auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe“ des ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH und transfer – Unternehmen für soziale Innovation mit den Unterauftragnehmern Universität Kassel (Prof. Dr. Felix Welti) und Dr. med. Matthias Schmidt-Ohlemann wurde nun veröffentlicht und dem Deutschen Bundestag übermittelt.

Ziel der Untersuchung ist es, unbestimmte Rechtsbegriffe wie z. B. die bisher verwendete „wesentliche“ Behinderung auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Überprüfung zu konkretisieren, wobei der bisherige Kreis der Leistungsberechtigten nicht verändert werden soll.

Laut Bericht wurden in einem ersten empirischen Untersuchungsschritt 1.796 Akten von Leistungsbeziehern anhand eines ICF-basierten Erhebungsinstruments ausgewertet.

Im Zwischenbericht wird u.a. festgestellt:

  • Das Kriterium, dass der leistungsberechtigte Personenkreis durch das neue Verfahren unverändert bleiben soll, kann mit einer quantifizierenden Neudefinition nicht erfüllt werden. Es bleibt dabei, dass Menschen, die heute Leistungen beziehen, künftig aus dem Personenkreis herausfallen können. Insbesondere betrifft das Menschen mit seelischer Behinderung oder Suchterkrankung, Menschen mit einem Grad der Behinderung unter 50,  Empfänger von Hochschulhilfen und Beschäftigte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
  • Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive wird festgestellt, dass die Wesentlichkeit der Behinderung in der Rechtsprechung bislang nur selten Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen ist, wobei auffällig viele dieser strittigen Fälle die Voraussetzungen zum Leistungsbezug von Hilfen zur angemessenen Schulbildung für Kinder sowie von Leistungen für suchtkranke und seelisch behinderte Erwachsene betreffen. "Aus der Rechtsprechung kann geschlossen werden, dass die in Art. 25a BTHG angelegte neue Systematik die Prüfung der Wesentlichkeit, wie sie derzeit praktiziert wird, verändern würde. Eine Analyse der rechtswissenschaftlichen Literatur ergibt kaum weitere Gesichtspunkte."
  • Des Weiteren wird sich auf die Berichte in den Fachworkshops bezogen, demzufolge Bedenken bezüglich einer Quantifizierung und Verrechnung der Lebensbereiche als Grundlage der Entscheidung über die Erheblichkeit geäußert wurden und die Neuregelung zumindest in der Einführungsphase zu Rechtsunsicherheit in der Praxis und damit verbunden zu einer höheren Anzahl von Rechtsstreitigkeiten führen würde.
  • Zur Verwendungsmöglichkeiten der ICF wird festgestellt, dass diese die Teilhabeplanung unterstützt.

Der Zwischenbericht ist im Anhang beigefügt (bzw. online abrufbar unter https://paritaet-bw.de/intern/interne-fachinformationen/menschen-mit-behinderung/bthg/spezielle-themen-zum-bthg.html) und kann auch unter folgendem Link eingesehen werden.

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