Infobrief Servicebereich Personal 14 / 2019

Im Browser ansehen.

14 / 2019
24.07.2019

Infobrief Servicebereich Personal

An alle Mitgliedsorganisationen

Inhalt

»Aktuelle Rechtsprechung / Arbeitsrechtliche Informationen

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Infobrief erhalten Sie Informationen zu den folgenden Themen:

 

I. Versicherungspflicht von Honorarpflegekräften in stationären

Pflegeeinrichtungen

 

II. Arbeit auf Abruf - Praxishinweise und Musterklauseln für Arbeitsverträge

 

III. Anhebung der Obergrenze für Midijobs ab 1.7.19, Übergangsbereich löst Gleitzone ab

 

IV. Künstlersozialabgabe 2020

 

Alle Infobriefe erhalten Sie auch im Archiv.

 

Mit herzlichen Grüßen

Bettina Schweizer

Aktuelle Rechtsprechung / Arbeitsrechtliche Informationen 

Rechtsprechung / Arbeitsrechtliche Informationen

I. Pflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

 

Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen sind regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte der Sozial-versicherungspflicht. Dies hat kürzlich das Bundessozialgericht (BSG) entschieden (Aktenzeichen: B 12 R 6/18 R – Urteil vom 07.06.2019).

 

Zwar wirkten sich weder der Versorgungsauftrag einer stationären Pflegeeinrichtung noch die Regelungen über die Erbringung stationärer Pflegeleistungen oder das Heimrecht des jeweiligen Landes zwingend auf den sozialversicherungsrechtlichen Status von Pflegekräften aus, die in stationären Einrichtungen tätig sind, urteilte das BSG. Regulatorische Vorgaben seien jedoch bei der "Gewichtung der Indizien" zur Beurteilung der Versicherungspflicht zu berücksichtigen. Sie führten "im Regelfall zur Annahme einer Eingliederung der Pflegefachkräfte in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung".

 

Im Regelfall sind Pflegekräfte in die Organisation eingebunden.

 

Unternehmerische Freiheiten seien bei der konkreten Tätigkeit in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum denkbar, so das BSG weiter. Selbstständigkeit könne "nur ausnahmsweise angenommen werden". Hierfür müssten gewichtige Indizien sprechen. Bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung, zum Beispiel ein Auswahlrecht der zu pflegenden Personen oder bei der Reihenfolge der einzelnen Pflegemaßnahmen, reichten nicht, heißt es in der Begründung des höchsten deutschen Sozialgerichts.

 

Mehr zum Thema:

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BSG&Datum=31.12.2222&Aktenzeichen=B%2012%20R%206/18%20R

 

 

Arbeit auf Abruf – Praxishinweise und Musterklauseln für Arbeitsverträge

 

Zum 1.1.2019 wurde der gesetzliche Rahmen für die Abrufarbeit gem. § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geändert (s. Infobrief 14/2018).

 

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liegt Arbeit auf Abruf vor, wenn vereinbart wird, dass die Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsanfall zu erbringen ist. Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen/täglichen Arbeitszeit festlegen. Ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt, galten bis zum 31.12.2018 nach § 12 Abs. 1 Satz 3 10 Stunden als vereinbart. Mit der Änderung des TzBfG gelten seit dem 1.1.2019, sofern keine Festlegung im Arbeitsvertrag getroffen wurde, nunmehr 20 Stunden als vereinbart. Eine Unter- oder Überschreitung in einem bestimmten Umfang war bisher im Gesetz nicht geregelt. Jedoch hat das BAG im Rahmen der Rechtsprechung bereits im Jahre 2005 (BAG, Urteil v. 7.12.2005, 5 AZR 535/04) geurteilt, dass eine bestimmte Wochenstundenzahl zwar vereinbart wird, der Arbeitgeber diese jedoch in einem bestimmten Umfang über- oder unterschreiten darf. Ist eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Anteil der einseitig vom Arbeitgeber zusätzlich abrufbaren Arbeit nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Bei Vereinbarung einer Höchstarbeitszeit beträgt das flexible Volumen entsprechend 20 % der Arbeitszeit. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bis zu 20 % weniger Arbeitszeit abrufen kann, ohne diese Zeit vergüten zu müssen.

Auch regelt § 12 Abs. 1 TzBfG, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen hat, wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist.

 

Wichtig für die Praxis: Arbeitsvertragsklauseln prüfen !

 

Die gesetzliche Änderung zur Arbeit auf Abruf birgt Risiken, wenn keine arbeitsvertragliche Festlegung auf eine bestimmte Wochenarbeitszeit getroffen wurde. Denn gelten aufgrund fehlender arbeitsvertraglicher Vereinbarung einer Wochenarbeitszeit die in § 12 Abs. 1 TzBfG festgelegten 20 Stunden aufgrund gesetzlicher Bestimmungen als vereinbart, kann dies neben arbeitsrechtlichen Auswirkungen für Arbeitgeber (Anspruch der betroffenen Beschäftigten auf Vergütung von 20 Wochenstunden) bei Minijobs im Rahmen einer sozialversicherungsrechtlichen Prüfung zu dem Ergebnis führen, dass der Rechtsanspruch auf Vergütung von 20 Stunden festgestellt wird, deren fiktive Auszahlung zu einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze führen würde. Dies wiederum hätte zur Folge, dass SV-Beiträge nachzuentrichten wären, die der Arbeitgeber alleine zu tragen hätte.

 

Bei Arbeit auf Abruf sollte deshalb in jedem Fall eine klare vertragliche Vereinbarung über die Wochenarbeitszeit (Mindest- oder Höchstarbeitszeit) getroffen werden.

 

Formulierungsbeispiele für Arbeitsvertragsklauseln zur Abrufarbeit

(Die Klausel zur Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit und flexiblen Verteilung kann entweder mit Option 1 oder 2 kombiniert werden):

 

§ .. Wöchentliche Arbeitszeit und flexible Verteilung 

1. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt mindestens …Stunden ("Sockel-Arbeitszeit").

2. Der Abruf der Arbeitsleistung erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen vor dem Hintergrund der jeweiligen betrieblichen Erfordernisse nach billigem Ermessen durch den Arbeitgeber.

3. Die Lage und Verteilung der Arbeitszeit kann flexibel den jeweiligen betrieblichen Bedürfnissen angepasst werden. Zu diesem Zweck kann der Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto für den/die Arbeitnehmer/in einrichten, auf dem Abweichungen der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von der vereinbarten Wochenarbeitszeit fortlaufend saldiert werden. Das Arbeitszeitkonto ist grundsätzlich innerhalb eines Jahres auszugleichen.

3. Pro Einsatz wird der/die Arbeitnehmerin .. Stunden zur Arbeitsleistung herangezogen.

 

Option 1: Musterklausel zur Mindestarbeitszeit mit zusätzlicher Abrufmöglichkeit von max. +25%

§ .. Flexible Erhöhung der Wochenarbeitszeit nach Entscheidung des Arbeitgebers

1. Die unter § .. festgelegte wöchentliche Arbeitszeit ist als Sockel-Arbeitszeit zu verstehen. Sie ist Grundlage der mit dem/der Arbeitnehmer/in vereinbarten monatlichen Vergütung. Die wöchentliche Arbeitszeit kann nach Abruf durch den Arbeitgeber dauerhaft oder für bestimmte Zeiträume auf bis zu ...Stunden erweitert werden. Die mit dem Arbeitnehmer auf der Basis der Sockel-Arbeitszeit vereinbarte Vergütung wird im Fall der Erhöhung für den Zeitraum der erhöhten Arbeitszeit entsprechend angepasst.

2. Die Regelungen zur flexiblen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit bleiben davon unberührt und gelten entsprechend auch für die erhöhte wöchentliche Arbeitszeit.

 

Option 2: Musterklausel zur Höchstarbeitszeit mit möglicher Verringerung der Arbeitszeit um max. -20%

§ .. Flexible Verringerung der Wochenarbeitszeit nach Entscheidung des Arbeitgebers

1. Die unter § .. festgelegte wöchentliche Arbeitszeit ist als regelmäßige Arbeitszeit zu verstehen. Sie ist Grundlage der mit dem/der Arbeitnehmer/in vereinbarten monatlichen Vergütung. Die wöchentliche Arbeitszeit kann nach Entscheidung des Arbeitgebers dauerhaft oder für bestimmte Zeiträume auf bis zu ... Stunden verringert werden. Die mit dem Arbeitnehmer auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit vereinbarte Vergütung wird im Fall der Verringerung für den Zeitraum der verringerten Arbeitszeit entsprechend angepasst.

2. Die Regelungen zur flexiblen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit bleiben davon unberührt und gelten entsprechend auch für die verringerte wöchentliche Arbeitszeit.

 

 

Anhebung der Obergrenze für Midijobs ab 1.7.19, Übergangsbereich löst Gleitzone ab

 

Die Obergrenze für Midijobs wurde zum 1. Juli 2019 von derzeit 850 Euro auf 1.300 Euro angehoben.

 

Weitere Informationen:

https://blog.minijob-zentrale.de/2019/07/01/aenderungen-bei-den-midijobs-verdienstgrenze-auf-1-300-euro-angehoben/

 

 

Künstlersozialabgabe 2020

 

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird auch im Jahr 2020 weiterhin 4,2 Prozent betragen.

 

Weitere Informationen:

https://www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/Kuenstlersozialversicherung/kuenstlersozialversicherung-art.html